Lesezeit ca. 4'
Das Buch
Eine liebe Freundin schenkte mir schon vor einer ganzen Weile ein Buch. Und zwar, weil sie absolut begeistert davon war. Und ich sage dir, das will was heissen, denn sie ist gelernte Buchhändlerin und eine Gernleserin dazu. Das Buch heisst "Kintsugi – Die Kunst, schwierige Zeiten in Gold zu verwandeln" und ist von Andrea Löhndorf. Es gefiel mir. Und zwar so gut, dass ich es immer noch nicht zu Ende gelesen habe. Erstens, weil es mich reut, damit fertig zu werden und zweitens, weil das Geschriebene nach jedem Abschnitt nachklingt und eigene, weiterführende Gedanken erzeugt.
Ein Schatz
Über den Inhalt werde ich hier kaum etwas verraten, denn es wäre schade, dich um den Genuss dieser wertvollen Worte zu bringen. Nur so viel: Es geht um Einfachheit, um dein Ikigai, um Unperfektes und um die Schönheit des Augenblicks. Dieses Buch wird wahrscheinlich meinen Haushalt nicht verlassen und nimmt einen Platz ein in meiner minimalistischen und auf vier Exemplare beschränkten "Bibliothek".
Kintsugi und Wabi Sabi
Doch was hat nun Kinstsugi mit meinen Künstlis zu tun? Erst etwas zu Kintsugi: Das ist eine Technik, um zerbrochene Keramik und Porzellan wieder zusammenzufügen und die Bruchstellen mit Goldpuder zu veredeln. Im Zen Buddhismus entwickelte sich im 16. Jahrhundert als Gegenbewegung zur stetig prunkvoller werdenden Teezeremonie die Philosophie des Wabi Sabi. Dazu gehört auch Kintsugi: Wertschätzen was da ist, der Makel "zu vergolden" und die Schönheit im nicht Perfekten zu finden. Möchtest du mehr über Wabi Sabi wissen, dann geht es hier weiter (Reupload des überarbeiteten Blogposts von 2019).
Trash to treasure
Meine Künstlis entstehen aus Abfall. Aus Einkaufszetteln, Papierlis, Blättern, Kleiderettiketten, Veranstaltungsbändel, Aktionspunkten, Verschlusskappen und vor allem aus aufgerissenen und achtlos weggeworfenen Verpackungen. Die Hülle ist verschlissen und hat ihren Zweck erfüllt. Das Interesse gilt sogleich der Funktion oder dem Inhalt. Doch ich nehme die Verpackung vom Boden auf, klaube Papiere und Folien vom Asphalt, wasche sie und manche bügle ich. Und dann füge ich sie neu zusammen. Zu etwas Glänzendem, Leuchtendem. Etwas, dass ich selbst kaum "mache*, sondern das durch meine Hände wird. Oft singe ich dazu, weil die Tätigkeit mit so viel Freude verbunden ist.
Zusammenfinden
Meine "Goldnaht" ist der bunte Faden, der Altes zu etwas Neuem fügt. Verbindungen entstehen und Bedeutungsloses wird neu belebt und auch etwas beseelt, durch das Nähen von Hand. Jedes sinnliche Durchstechen der Verpackungshaut ist ein mir neu Aneignen des Materials. Es gibt Häute, die sind widerborstig und störrisch, ich brauche Kraft in den Fingern und eine klare Absicht. Andere sind zart und fragil, ich muss sie verstärken um sie überhaupt verarbeiten zu können. Und dann legen sie sich an- und übereinander. Sie sagen mir, zu wem sie wollen, finden sich und Fremde werden zu Freunden.
Alles Liebe, Barbara
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Gernleserin (Montag, 16 September 2024 19:45)
Welch bereichernde Worte! Vielen Dank, liebe Barbara.
Mir ging es genau gleich beim Lesen dieses berührenden und wertvollen Buches.
Deine Künstlis strahlen deinen Gesang, deine Freude und Magie aus. Grossartig, die Farbenstimmungen.