In der Serie über die Herbstfarben wurden bereits folgende Pflanzen von mir porträtiert:
Der Tulpenbaum hat seinen Namen durch sein Blatt- und auch Blütenform, die der einer Tulpe ähneln.
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Die Herzogstrasse im Berner Breitenrain wird von Tulpenbäumen gesäumt. Dort sah ich diesen "Katzenbaum" - hast du dich schon geachtet, dass das Blatt wie ein Büsigesicht aussieht? - vor einigen Wochen in bereits orangefarbenem Blätterkleid. Doch da sich die Herbstblätter schneller verfärben als ich zu schreiben vermag, musste der Tulpenbaum vorerst warten. Ein beeindruckender Solitär überraschte mich dann im Marzili, als ich die öffentlichen Kühlschränke von Madame Frigo abklapperte. Er steht im Areal der Berner Fachhochschule für Wirtschaft und glänzte in so reinem Goldgelb, dass ich staunen stehen blieb. Ich umrundete ihn, der Blätterteppich unter meinen Füssen raschelte und ich griff mir aus einer knöcheltiefen Auswahl die allergoldigsten Blätter heraus. Bald schon hatte ich ein fettes Packet feucht glänzenden Laubes eingesammelt. Am nächsten sonnigen Tag besuchte ich ihn erneut, um fotografisch sein Leuchten einzufangen.
Allgemeines
Bei den Tulpenbäumen gibt es echte und unechte. Zu den echten gehören der amerikanische und der chinesische Tulpenbaum, die miteinander verwandt sind. Der afrikanische gilt ebenfalls als echt, gehört aber nicht zur selben Familie. Er hat anders geformte Blätter, rote Blüten und ist auch nicht winterhart. Die Tulpenmagnolie hingegen gilt als unecht. Hier beschreibe ich den echten, amerikanischen Tulpenbaum. Dieser wird zwischen 30 und 40 Meter hoch und erreicht diese Höhe auch schnell. Er kann bis zu 450 Jahre alt werden. Er hat es nicht gern, wenn er beschnitten wird und auch ein Standortwechsel ist nicht empfehlenswert. In leicht saurem und frischem Boden gedeiht er wunderbar, und blüht grünlich zwischen April und Juni, allerdings frühstens nach 20 Jahren.
Das leichte und eher weiche Holz des Tulpenbaumes wird als Konstruktionsholz in der Architektur, für Möbel, Kunstobjekte und Musikinstrumente verwendet. Vor allem aber eignet es sich zur Papierherstellung. Es gleicht farblich dem Pappelholz.
Eine Besonderheit des Tulpenbaums liegt in seiner bereits als Sämling gebildeten Pfahlwurzel. Das Wurzelgeflecht breitet sich mit zunehmendem Alter weit aus und braucht deswegen viel Platz. Empfindlich reagieren die Tulpenbäume auf Salze, daher ist ein Standort in unmittelbarer Nähe einer Strasse, die im Winter gesalzen wird, nicht empfehlenswert. Das Wurzelgeflecht ist sehr empfindlich und braucht einen lockeren Boden.
Wie gut da wohl diese Bedürfnisse an der Herzogstrasse erfüllt werden? Möglicherweise sind es keine echten Tulpenbäume. Weisst du es?
Wie ich im Rahmen dieser Baumgeschichten feststellen durfte, sind viele Bäume oder Teile davon giftig. Dieser Umstand war mir zuvor nicht bewusst. So auch der ganze Tulpenbaum, wobei die Giftkonzentration in der Rinde und dem Holz am höchsten ist. Kaninchen knabbern gerne am Stamm, was sie nicht überleben. Auch für kleine Kinder ist ein Tulpenbaum im Garten gefährlich und daher eine schlechte Wahl.
Feinstoffliches
"Liriodendron tulipifera" ist zwar als homöopathisches Mittel erhältlich, jedoch konnte ich keine weiteren Informationen zum Verwendungszweck finden. Die Formen des Baumes sind eine harmonische Kombination von Yin und Yang und zeigt uns dadurch eine reife und ausgewogene Verbindung dieser Polarität auf. Gemäss europäischem Feng Shui ist der Tulpenbaum dem Frühsommer, bzw. dem Südosten zugeordnet. Sein Element ist Holz und die entsprechende Farbpalette beinhaltet Grüntöne von Chartreuse über Türkisgrün bis zum dunklen Tannengrün.
Duftiges
Auf Parfumo sind vier verschiedene Inhaltsstoffe des Tulpenbaums gelistet: Tulpenbaum, Tulpenbaumholz, Tulpenbaum Absolue und Tulpenbaumrinde. Der einzige Tulpenbaumduft ist von 2014 und für Herren konzipiert. Er heisst "Oros Limited Edition" von Oros und scheint eine beeindruckende Haltbarkeit aufzuweisen. Was mich nicht wundert, wurden dem Tulpenbaum doch weitere lang duftende Inhaltsstoffe wie Vetiver, Moschus, Amber und Vanille zur Seite gestellt.
Der aktuellere Duft (2021) "Bay Civet" von Mellifluence Perfume enthält Tulpenbaum Absolue. Allerdings scheint gemäss den tendenziell negativen Rezensionen diese Mischung zu ambitioniert kreiert worden zu sein. Er wird als animalisch-würzig beschrieben und enthält nebst dem Tulpenbaum Absolue eine wilde Mischung aus allem, was schwer, deep und endlos riecht wie Wurzeln, Ambra, Zibet, Patchouli, Oud, Sandelholz und Vetiver. Allesamt erdige und dunkle Nuancen, teilweise auch hochkonzentriert (Absolue). Als olfaktorisches Erlebnis könnte eine Testung aber sehr interessant sein.
Farbiges
Das Pigment der Tulpenbaumblattes unterteilte ich vor dem Mahlen in zwei Gruppen: Das Goldene und das Warme. Die goldenen Nuancen fängt das "Indischgelb" von Kt. Kolor gut ein. Auch "Ginster" und "Bristolgelb" von Farbkult zeigen diesen goldenen Charakter. "Apfelsine" aus dem Hause Thymos hingegen erfasst ganz gut das warmgetönte Laub. Die "gebrannte Siena(erde)" aus der Toskana von Kremer ist ein weiteres Pigment für das Warme, der "andalusische, gelbe Ocker" für das Goldene. Die Bildergalerie unten zeigt die Blattpigmente in unterschiedlichen Bindemitteln: Weissleim, Wachs und Haarlack. Das Leinenstück wurde vom Blättersud nur leicht getönt. Hier siehst du, was das Eisenwasser mit diesem Farbton gemacht hat.
Alles Liebe, Barbara
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