In der Serie über Herbstfarben stellte ich euch bereits folgende Pflanzen vor:
Der Rot-Ahorn, der auch Scharlach-Ahorn genannt wird, gibt leicht preis, woher sein Name kommt: Seine stark rote Herbstfärbung ist dafür verantwortlich.
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Frau Hodel ist wie immer in der Stadt Bern mit dem Velo unterwegs. Dauernd sind die Antennchen rausgefahren und tasten die Umgebung nach beeindruckenden Herbstfarben ab. Der Fahrtwind bläst meine inzwischen schon etwas länger gewachsenen Haare zurück und ich bekomme ganz schön "Gümmu", als ich die Sulgeneckstrasse Richtung Dampfzentrale hinunterbrause. In der Kurve leuchtet die Scharlachfarbe in meinem Blickfeld auf, und ich haue gerade noch rechtzeitig in die Bremsen, um bei der Nummer 70 direkt vor dem feurigen Farbreiz zum Stehen zu kommen. Wow. Ein rotblaues Leuchten, als ich den Kopf hebe und in den klaren Himmel schaue. Ein roter Teppich unter meinen Füssen und vor mir auf der Hecke eine Auslegeordung aus Lachsrosa, Korallenrot, Shiseidorot, Hellrot, Bordeauxrot und Rouge Noir. In bin bezaubert und packe flink mein Sammelbeutelchen aus und sacke ein, was mein Herz begehrt.
Allgemeines
Der Rot-Ahorn gehört wie die Kastanie auch zu der Gattung der Seifenbaumgewächse. Im östlichen Nordamerika, seinem Herkunftsland, ist er weit verbreitet. Hierzulande stellt er jedoch eine dekorative Ausnahme dar. Er wächst als Baum und erreicht in Mitteleuropa eine Höhe von 20 bis 27 Meter. In seiner Heimat Nordamerika kann er bis 40 Meter hoch werden. Er wurzelt eher knapp unter der Oberfläche, die allermeisten Wurzeln reichen nicht tiefer als 25 cm in den Boden hinein. Dafür aber wachsen sie in die Breite, bis zu 25 Meter vom Stamm entfernt. Der anpassungsfähige Ahorn kommt mit Trockenheit wie auch mit Feuchtigkeit gut zurecht. Seine Blütenpracht zeigt sich uns von März bis April mit ebenfalls roten Blüten. Das grünes Blätterkleid ist eher kleinformatig und hat drei oder fünf Spitzen. Während er auf der Blattoberseite die hauptsächliche Farbe trägt, hat seine Unterseite einen weissen Schimmer und einen blossen Pastellton. Zum Herbst hin nimmt er die intensiv rote Färbung mit grosser Reinheit an. Die Blüten und Blätter sind für uns essbar. Wie beim Zucker-Ahorn kann auch aus dem Rot-Ahorn Ahornsirup gewonnen werden.
Das hochwertige Holz des Rot-Ahorns ist weicher als des normalen Ahorns, und wird als Werkstoff für Möbel und für Drechslerarbeiten verwendet. Es ist nicht wetterfest und daher nur für den Innenraum geeignet. Das Rot-Ahornblatt ziert zudem die Flagge von Kanada.
Feinstoffliches
Rot-Ahorne bezaubern durch ihre Leichtigkeit und ihren lichten Charakter. Sie fördern den sprachlichen Ausdruck und die Selbstfindung. Sie unterstützen Mensch dabei, ihre Balance zu finden und sich einzumitten. Wie der Lindenbaum auch, helfen sie uns bei der Vereinigung von Gegensätzen. Freiheitsliebe, Idealismus und Selbstbewusstsein sind weiter Energie, die sie in uns stärken können, wenn wir ihre Nähe suchen.
Duftiges
Tatsächlich sind zwei Parfums gelistet, die Rot-Ahorn enthalten. Der eine Duft, "DKNY Men" von Donna Karan ist im 2000 kreiert worden. Er enthält Rot-Ahorn in der Basis, kombiniert mit dem warmen Duft von Sandelholz. Zwanzig Jahre später wurde die unisex Komposition "National Park Collection - Great Smokies" kreiert. Dort steht der "red maple" ebenfalls neben Sandelholz, komplettiert mit Lorbeer.
Die Blätter rochen beim Farbsud köcherlen intensiv, wie alle Blättersude bis jetzt. Die Geruchsrichtung ist immer ähnlich: sehr krautig, ein wenig nach Herbst, auch nach Vergehen und einer Prise Sellerie oder Liebstöckel. Ich gehe aber davon aus, dass in den Parfums das ätherische Öl des Holzes und nicht das der Blätter verwendet wurde.
Farbiges
Der Farbeindruck ist gewaltig. Selten sind in der Natur grossflächig solch reine Farbtöne zu sehen. Und wenn doch, dann nur für einen kurzen Zeitraum. Was zeigt uns das? Hohe Intensitäten gehören zeitlich oder räumlich begrenzt, um uns nicht zu übersättigen und damit unangenehm zu werden. So dauert der "red fall" nur ein paar Tage. Die Buntheit entfaltet sich über den gesamten hell- bis dunkelroten Bereich, wie du unten in der Bildergalerie auf dem zweiten Foto sehen kannst. Ich kann folgende rezeptierte Codes ausmachen: Von Farrow & Ball wieder den "Lake Red W92" wie beim Korkflügelstrauch. Aber auch "Rectory Red 217" kann ich in den Blättern entdecken, ebenso den Archivton "Blazer 212". Dann findet sich die trockene Dunkelheit in "Deep Reddish Brown W101" und "Preferenc Red 297". Die helleren Nuancierungen lassen sich in Mylands "FTT 009" und "FTT 005" festmachen. Einer Farbpalette, die für das britische Fernsehen, Film und Theater rezeptiert wurde.
Das gemahlene Rot-Ahornpigment ergab mit Weissleim gebunden ein feines und faszinierendes Verpützchen. Diese Konsistenz habe ich bis jetzt noch bei keinem Pflanzenpigment feststellen können. Es fühlt sich ganz fein an und schön "tangglig" wie Modeliermasse, und es lässt sich auch wie ebendiese formen. Die flach aufgetragene Masse siehst du im letzten Bild auf der dunkelsten Farbfläche. Ein Objekt herzustellen war ebenfalls möglich. Es musste im Ofen gebacken werden, um überhaupt jemals trocken (und nicht schimmelig) zu werden. Es ging auf wie ein "Güezi" und seine im feuchten Zustand modellierte Form verwischte sich dadurch. Weitere Farbeindrücke entstanden durch Einsanden mit Wachsüberzug. Erstmals habe ich versucht, das Pigment nach dem Einsanden zu fixieren mit Haarlack. Das funktioniert zwar, und die Oberfläche bröselt so nicht mehr. Doch dadurch verliert der Farbton sein reiner Ausdruck und dunkelt nach. Falls du ein Bindemittel kennst, das nicht nachdunkelt und trotzdem sehr gut klebt, schreib es mir bitte in die Kommentare.
Das Färbergebnis aus dem Blättersud ergab ein fein austariertes Beige. Spannend wird es später, nachdem das Stückchen Stoff ein zweiwöchiges Bad im Eisenwasser hinter sich hat. Die gesammelten Resultate findest du hier.
Alles Liebe, Barbara
Hier wartet die nächste bemerkenswerte Herbstfarbe auf dich.
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