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4. Pflanzenfarben - binden und veredeln


Diese Anleitung zeigt dir, wie du zu deinen eigenen Pflanzenfarben kommst. Sie besteht aus vier Teilen, das ist der vierte und letzte Teil. Teil eins findest du da, Teil zwei hier und für Teil drei klicke hier.

 

Der letzte Schritt besteht darin, die Pflanzenpigmente auf den Untergrund zu bannen. Vielleicht kennst du dich darin aus, deine eignen Farben selber zu machen. Falls nicht, hier etwas Hintergrundinformation:

 

Farbzusammensetzung

Eine Farbe im Sinne von "Anstrichsstoff" (und nicht dem Sinneseindruck) besteht üblicherweise aus drei Komponenten:

 

1. dem Pigment, das dem Anstrichsstoff die Farbe gibt,

2. dem Bindemittel, das das Pigment auf den Untergrund klebt, und

3. dem Verdünnungsmittel, das den Anstrichsstoff streichfähig und verarbeitbar macht.

 

Bindemittel

Mit deinen selbst hergestellten Pigmenten hast du bereits den farbgebenden Stoff. Nun geht es um das Bindemittel. Da die Pigmente grösser ausfallen als zum Beispiel übliche Erdfarben (die grössten konventionellen Pigmente), brauchst du ein Bindemittel mit guter Klebkraft. Ich vermute – habe es aber nicht getestet – das übliche Acrylbindemittel zu wenig Klebkraft haben, um eine homogene Fläche zu erzeugen. Mein Wunsch war es, möglichst eine zusammenhängende Farbfläche zu kreieren, nicht nur locker verteilte "Brösmelis". Ich entschied mich daher für Weissleim (Acryl), was gut funktioniert. Dazu kommt, dass Pflanzenpigmente ihr farbiges Leben in einem natürlichen alkalischen Bindemittel wie Wasserglas (Mineralfarbe, mein bevorzugtes Bindemittel), Kasein oder Kalk sofort aushauchen. Sie werden gräulich-bräunlich und verströmen tatsächlich etwas Gestorbenes.

 

Gerne hätte ich für dieses naturnahe Projekt auch ein natürliches Bindemittel gewählt. Doch mir kam tatsächlich nichts in den Sinn, das auch angenehm in der Handhabung gewesen wäre. Alle natürlichen Harze und Öle würden Lösemittel wie Terpentin oder Terpentinersatz zur Verdünnung bedingen, was ich aus umwelttechnischen und persönlichen Gründen nicht wollte. Naturharzbindemittel gibt es zwar auch emulgiert, wie das Lasurmalmittel von Biofa, doch die Trocknungszeit hierfür ist so lang, dass es für mich nicht in Frage kam. Falls du ein natürliches Bindemittel kennst, das nicht alkalisch und mit Wasser verdünnbar ist, schreib es gerne in die Kommentare.

 

Verdünnungsmittel

Weissleim ist wasserverdünnbar, trocknet aber wasserunlöslich auf. Daher ist das Verdünnungsmittel Wasser, was die Handhabung im Gegensatz zu einem Bindemittel auf Harz- oder Ölbasis deutlich vereinfacht. So hast du nun alle drei Komponente zusammen, um deine eigene Pflanzenfarbe herzustellen: das Pflanzenpigment, das Bindemittel (Weissleim) und das Verdünnungsmittel (Wasser).

 

Tinten vs. Pigmente

Der nächste Punkt ist die Unterscheidung von Tinten und Pigmenten. Wobei auch Tinten so gebunden werden können wie Pigmente. Pigmente aber geben keine Tinten ab. Um Pigmente zu binden, vermischst du das Pigment, das Bindemittel und das Verdünnungsmittel zu einer Farbe oder zu einem Verpützchen. Das kannst du mit einem Pinsel oder Kunststoffspatel auf den Malgrund bringen. Um Tinten zu gewinnen, machst du dieselbe Mischung etwas dünner, und siebst dann die Pigmente ab und es bleibt die Tinte zurück. Als Sieb eignet sich Teebeutelpapier. Die lilablaue und rosa Form oben im Foto sind mit Tinten gefärbtes Teebeutelpapier.

 

Einsanden

Du kannst die Pigmente auch so auf den Untergrund bringen, dass du ein Leimbett aufstreichst, und die Pigmente darauflegst. Sie müssen gut angedrückt werden, damit sie sich nicht lösen. Dafür eignet sich Backtrennfolie/Blechreinpapier gut. Der rostrote Streifen oben links im Foto ist ein Beispiel für eine eingesandete Oberfläche.

 

Vodka?!

Überraschende Ergebnisse erzielte ich mit Vodka. Was erst als waldtrunken!-Duft gedacht war im Sinne eines ganzheitlichen Erlebens, ergab die unfassbar intensivste Tinte ever. Allerdings eignen sich dafür nicht alle Pigmente, doch Rosenblätter geben erfreuliche Resultate.

 

Essig

Wie oben bereits erwähnt, reagieren Pflanzenpigmente auf den pH-Wert. Diesen Effekt kennst du sicher vom Blaukraut (+ Natron) oder Rotkraut (+ ein Schuss Essig). Somit lassen sich mit Essigspritzer wieder andere Nuancen erzeugen.

 

Wachs

Eine Möglichkeit, die Oberflächen zu veredeln ist, sie zu wachsen. Kerzenwachsreste sind dafür gut geeignet. Ich wählte weisse, um die Farbe der Pflanzen möglichst wenig zu beeinflussen, doch da sind dir keine Grenzen gesetzt. Alle Bilder habe ich im Ofen bei 80°C gebacken, da die Pigmentschicht so dick ist, dass ich sonst wegen der langen Trocknungszeit völlig aus dem Flow gefallen wäre. Bei dieser Gelegenheit lässt sich auch die Wachsschicht aufbringen. Anschliessend kann sie noch mit einem weichen Lappen poliert werden, was bezaubernde Effekte hervorbringt. Das Pigment dunkelt nach, gewinnt an farblicher Intensität und kann regelrecht im Wachs eingeschlossen werden. Wie das aussehen kann, siehst du auf dem Foto im unteren Teil. Weitere Veredelungsmöglichkeiten sind Lacke und Firnisse.

 

Falls du meinen Ausführungen bis hierher gefolgt bist, freue ich mich sehr. Und falls du nun Lust bekommen hast, diese besondere Farbwelt für dich zu erkunden, schreib es unbedingt in die Kommentare oder nimm Kontakt mit mir auf!

 

Alles Liebe, Barbara


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Kommentare: 1
  • #1

    Susanne Siegenthaler (Freitag, 29 Juli 2022 23:10)

    liebe barbara

    habe deine ausführungen aufmerksam gelesen (herzlichen dank dafür!), aber noch nicht alles verstanden (wiederholung tut not)... es kann gut sein, dass ich aus meinen gesammelten werkstoffen zu einem späteren zeitpunkft versuchen werde, eigene farben zu gewinnen - es tönt spannend!

    nun wünsche ich dir einen guten endspurt zu deiner ausstellung und viel erfolg dazu; ich freue mich auf die hand | werk | kunst im treibhaus mit euch allen!

    liebe grüsse, susanne